Seit ich das erste Mal über den Sinn oder Unsinn hinsichtlich Proteinshakes und -pulvern sinniert habe, ist einiges an Zeit ins Land gegangen. Damals hatte ich mich das erste Mal an Proteinshakes gewagt und rückblickend betrachtet lässt sich wohl sagen, dass wir keinen guten Start hatten: geschmacklich unterirdisch, zu süß, zu viele unnötige Zusatzstoffe. Wo ich sonst jedes Inhaltsstofflabel kritisch unter die Lupe nehme, habe ich hier tatsächlich recht blind ins „Regal“ gegriffen. Mit dem Ergebnis, dass mir der Appetit auf Proteinshakes ordentlich vergangen ist und ich mich erstmal wieder den „natürlichen“ Proteinquellen zugewandt habe, die sich über die normale Ernährung aufnehmen lassen.
Seither hat sich einiges getan, sowohl in Sachen Ernährung als auch sportlich. So konsumiere ich inzwischen fast kein Fleisch mehr – als Vegetarier würde ich mich trotzdem nicht bezeichnen, denn manchmal esse ich Fleisch oder Fisch (etwa 2-3x im Jahr). Was den Sport angeht, würde man jetzt sagen: das was ich früher veranstaltet habe, ist heute mein Warm up 😉 Nein, mal Spaß beiseite. Meine 5-7 Workouts die Woche sind deutlich intensiver, geplanter und zielorientierter geworden – mit der nötigen Balance aus hochintensiv und regenerativ. Das hat nicht nur meine Leistungsfähigkeit verbessert, sondern hat inzwischen auch Einfluss auf meine Ernährung.
Zwar folge ich nach wie vor recht intuitiv und ohne großes Zutun einem 16/8 Intermittent Fasting Rhythmus. Da ich das nun schon seit mehr als 3 Jahren mache, kann ich dadurch auch ohne Probleme nüchtern trainieren. Seit einiger Zeit trainiere ich nun aber etwa 2-3x die Woche bereits um 6h morgens. Vor dem Training brauche ich auch weiterhin nichts zu mir zu nehmen. Jedoch habe ich festgestellt, dass es keine Option mehr ist, nach dem morgendlichen Training noch 6 weitere Stunden bis zu meinem Essensfenster zu warten. Zwar habe ich es versucht, musste mir aber eingestehen, dass es sowohl ernährungsphysiologisch unsinnig, als auch im Hinblick auf ein intuitives Essverhalten einfach nur Quatsch ist. Hier fällt jetzt erneut das Stichwort „intuitiv“. Für mich bedeutet es zu essen, wenn ich (körperlich) hungrig bin und aufzuhören, wenn ich satt bin. Zu diesem Thema folgt übrigens auch demnächst ein Beitrag: wie ich IF und intuitives Essen für mich umgesetzt habe und weshalb es sich nicht ausschließt.
Nun aber zum Kern des Artikels: ich habe letztens erneut meine Eiweißintake getracked und festgestellt, dass ich mit meiner derzeitigen Ernährung kaum ausreichend Eiweiß konsumiere. Und das obwohl ich schon recht ausgewogen, eiweißlastig und gesund esse – dachte ich. Denn wenn es gut läuft, komme ich auf 0,7-1g Eiweiß pro kg Körpergewicht am Tag, aber dann esse ich gefühlt aber auch nur Quark, körnigen Frischkäse, Bohnen/Linsen und Eier… und auch das wird irgendwann langweilig. Außerdem schaffe ich es nicht konstant, die nötigen Mengen zu essen. Vor allem wenn ich beruflich stark eingespannt bin, fällt das auch schon mal hinten über. Mit Proteinshakes kann ich einfach und unkompliziert eine Lücke füllen und so den Bedarf für den Muskelaufbau und -erhalt gut decken. Das muss nicht für jeden die Lösung sein, für mich jedoch hat sich das inzwischen gut bewährt. Dabei ist mir die Auswahl des Produktes ungemein wichtig: es sollte ohne Zucker, Süßstoffe oder sonstige Zusätze sein. Also eigentlich nur das (Milch-)Protein mit Kakao oder alternativ mit gefriergetrockneten Erdbeeren. Nun lässt sich über Milchprotein sicherlich streiten, doch ich will hier kein Fass aufmachen. Wer lieber vegane Alternativen nutzen will oder nutzen muss: vollkommen fine, beachtet nur dass Protein aus veganen Quellen nicht so gut bioverfügbar ist, wie das aus tierischen Quellen – daher sollten oftmals sogar noch höhere Proteinmengen konsumiert werden.
Milchprotein besteht zu etwa 80% aus Casein und zu 20% aus Whey (Molke) [1], das auch so getrennt als Casein- bzw. Whey-Protein verkauft wird. Beides gute Proteinquellen für Athleten, die einen Aufbau und Erhalt der Muskelmasse anstreben. Doch worin unterscheiden sich Casein und Whey?
Casein-Protein
Casein ist der Stoff, der Milch seine Farbe verleiht. Es fällt bei der Produktion von Milchprodukten und Käse an. Insgesamt besitzt es im Vergleich zu anderen Proteinarten eine geringere biologische Wertigkeit, was nicht heißt, dass der Konsum von Casein für Sportler nicht sinnvoll sei. Das liegt vor allem daran, dass Casein von unserem Organismus langsamer aufgenommen und verstoffwechselt wird, denn Casein ist wasserunlöslich und bildet Konjugate. Diese Konjugate werden nur nach und nach aufgelöst, weshalb Casein den Körper über einen längeren Zeitraum hinweg (bis zu 6-8h) mit Protein und Aminosäuren versorgt [2]. Man schreibt Casein einen gewissen „Muskelschutz“ zu, da es muskelabbauenden Prozessen entgegenwirken kann.
Ernährungsphysiologisch macht es also Sinn, Casein abends vor der Nachtruhe zu konsumieren, weshalb es auch als „Langzeit- oder Nachtprotein“ bezeichnet wird. Da in der Ruhephase Regenerations- und Adaptationsprozesse stattfinden – somit auch Muskelregeneration und -aufbau – ist es gar nicht mal verkehrt, dem Körper auch während der Nachtruhe die nötigen Bausteine zukommen zu lassen. Zudem wird dem Abbau von Proteinen entgegengewirkt.
Whey-Protein
Whey wird aus Molke gewonnen, die ihrerseits als Nebenprodukt der Käseherstellung anfällt. Das im Whey enthaltene Protein ist eine hochwertige Proteinquelle [3], da alle 8 essentiellen Aminosäuren (also die Aminosäuren, die unser Körper selbst nicht herstellen kann) enthalten sind. Darunter auch die für den Muskelaufbau und die Muskelregeneration wichtigen BCAAs: Leucin, Isoleucin und Valin. Diese können von Muskelzellen direkt verstoffwechselt werden. Insgesamt soll Whey-Protein die Biosynthese von Muskeln deutlich stärker anregen als Casein-Protein [4].
Die Empfehlung hier lautet, Whey am besten nach dem Training zu konsumieren, um Aufbau und Regeneration optimal zu unterstützen. Tatsächlich wird Whey extrem schnell aufgenommen. Bereits 30-40 min nach der Einnahme erreichen die Aminosäurespiegel im Blut einen Anstieg, nach etwa 70 min ist die maximale Serumkonzentration erreicht [5].
Whey oder Casein?
Die Antwort auf diese Frage lautet vermutlich am ehesten: Whey und Casein. Denn sie funktionieren am effektivsten in der Kombination. Whey ist dabei wie bereits erläutert das „schnell wirksame“ Protein und soll vor allem die anabolen (muskelaufbauenden) Prozesse unterstützen. Casein wirkt langsamer und über einen längeren Zeitraum hinweg, weshalb es katabolen (muskelabbauenden) Prozessen entgegenwirkt [6].
Fazit
Wer sich ausgewogen ernährt und nur wenig Sport treibt, wird sicherlich keinen Bedarf an einer zusätzlichen Eiweißsupplementierung haben. Denn es ist ohnehin so: konsumiert man mehr Protein als benötigt, scheidet der Körper alles Überschüssige ohnehin aus. Für Sportler, die jedoch dezidierte Ziele in Sachen Muskelaufbau und -erhalt verfolgen, gilt es genauer auf die Nährstoffzufuhr zu achten. Denn der Spruch „Abs are made in the kitchen“ kommt nicht von ungefähr und dazu gehört eben auch unbedingt die Aufnahme von ausreichend Protein. Dennoch: kein Shake oder Supplement ersetzt eine gesunde und ausgewogene Ernährung. Das sollte stets die Basis sein. Wer trotzdem Probleme hat, seinen Proteinbedarf rein über die normale Nahrungsaufnahme zu decken, für den können sich Proteinshakes eignen. Denn weiterer Vorteil solcher Alternativen ist, dass tatsächlich auch gezielt Protein aufgenommen wird und nicht etwa gleichzeitig auch noch Kohlenhydrate oder Fett, wie das häufig bei anderen proteinreichen Lebensmittel der Fall sein kann.
Literaturangaben
[1] Hoffman and Falvo, Protein – Which is Best? J Sports Sci Med. 2004 Sep 1;3(3):118-30.
[2] Wilborn et al., The Effects of Pre- and Post-Exercise Whey vs. Casein Protein Consumption on Body Composition and Performance Measures in Collegiate Female Athletes. J Sports Sci Med. 2013 Mar 1;12(1):74-9.
[3] Devries and Phillips, Supplemental protein in support of muscle mass and health: advantage whey. J Food Sci. 2015 Mar;80 Suppl 1:A8-A15.
[4] Burd et al., Greater stimulation of myofibrillar protein synthesis with ingestion of whey protein isolate vs. micellar casein at rest and after resistance exercise in elderly men. Br J Nutr. 2012 Sep 28;108(6):958-62.
[5] Purpura et al., A Comparison of Blood Amino Acid Concentrations Following Ingestion of Rice and Whey Protein Isolate A Double-Blind Crossover Study. J Nutr Health Sci. 1. 306. 10.15744/2393-9060.1.306.
[6] Tang an Phillips, Maximizing muscle protein anabolism: the role of protein quality. Curr Opin Clin Nutr Metab Care. 2009 Jan;12(1):66-71.
Sarah, danke für diesen Satz: „.. es sollte ohne Zucker, Süßstoffe oder sonstige Zusätze sein.“
Das ist nämlich genau das, was mich immer stört!
Ich konnte mir glücklicherweise den Horrortrip in die Süßstoffhölle ersparen, ansonsten wäre es mir genauso ergangen wie Dir. Bei jedem Produkt schaue ich mir die Zutatenliste an und frage mich jedes Mal, wie man double-chocolate-strawberry-cheesecake runter bekommen soll? Und ich liebe Süßes! Aber Süßstoffe haben in meinem Essen nichts zu suchen und unnötige Zusätze brauch ich auch nicht.
Ich koche selbst zu gerne und mit so wenig verarbeiteten Zutaten wie möglich und möchte einfach zwischendurch ein unkompliziertes Plus an Proteinen. Mit der Variante Whey und Casein als cleane Bereicherung zur ausgewogenen Ernährung zu nutzen ist da für mich auf jeden Fall praktikabel und sinnvoll.
Danke für die Aufschlüsselung!
Hallo liebe Jenny,
hahaha, ok jetzt musste ich grade sehr schmunzeln und gleichzeitig bei der Vorstellung an ein double-chocolate-strawberrry-whatever Proteinpulver leicht würgen. Das grenz ja schon fast an Körperverletzung. Und ernsthaft, ich frage mich JEDES.MAL, wie Leute das tatsächlich runterbrngen und es glaubhaft (u.a. ihren Followern) vermitteln, dass das auch noch schmeckt. Was läuft da eigentlich falsch?!^^
Danke für Deinen Input!! Das klingt genau nach der Variante, wie es auch letztlich Sinn macht. Letztlich muss es einfach praktikabel UND sinnvoll sein. Welche Produkte verwendest Du denn, wenn ich fragen darf?
Viele liebe Grüße,
Sarah
Huhu Sarah,
ich kann es Dir nicht sagen, wie die Leute das runterbekommen, vielleicht schmeckt es ihnen tatsächlich? Ich kann den Geschmack von Süßstoff nicht ertragen.
Ich löse mich dann immer sehr schnell von dem Gedanken mit dem Spruch „jeder, wie er will“ ¯\_(ツ)_/¯
Ich bin noch ganz am Anfang dieser Reise, da ich (noch!) nicht viel trainiere und bis jetzt auch ohne ausgekommen bin. Durch Zufall habe ich beim dm Naduria Bio Whey entdeckt und bin super happy – als ich vor etwa einem halben Jahr online geschaut hatte, war die Auswahl noch sehr klein und ich fand es doof, dafür bestellen zu müssen. Für Casein muss ich nochmal schauen. Welche Produkte verwendest Du?
Liebe Grüße
Jenny
Liebe Jenny,
vermutlich kann man sich an alles gewöhnen, wenn man nur will 😉 Du hast absolut recht: jeder wie er will.
Ahh, danke für den Tipp. Seit ich mit meinem Protein von Sportbionier (https://shop.sportbionier.com/alle-produkte/) so happy bin – Kakao und Erdbeere ist einfach das beste davon!! – habe ich gar nicht mehr viel Neues probiert.
Viele liebe Grüße und gib Vollgas beim Training!! <3
Sarah
Liebe Sarah,
vielen Dank für den Tipp mit Sportbionier, die Produkte sehen echt gut aus – mit echter Erdbeere, wow! <3 Da werde ich demnächst bestellen 🙂
Viele liebe Grüße zurück
Jenny
Sehr gerne, bin gespannt, was du sagen wirst ??
Hallo Sarah!
Mit welcher App hast du denn deine Eiweiß-Zufuhr getracked? ich (kenne mich nicht aus und) dachte bisher, dass man Eiweiß nicht so einfach messen kann, weil die Bioverfügbarkeit von der Nahrungsmittelzusammenstellung abhängt – habe ich da was falsch verstanden?
Auf deinen Beitrag zu intuitiven Fasten und Intervall-Fasten freue ich mich schon!
Wie vermeidest du eigentlich Übertraining (bei 5-7 Workouts die Woche)? Irgendwelche Tipps für Laien?
Liebe Grüße und schönes Wochenende!
Elisabeth
Hallo liebe Elisabeth,
den Artikel gibt es schon seit einer Weile auf dem Blog, schau mal hier: https://eattraincare.de/2019/05/29/intermittent-fasting-intuitives-essen/
Habe die Eiweißzufuhr über eine normale Food-App getracked, in meinem Fall war das YAZIO (nicht unbedingt eine Empfehlung, aber hat seinen Zweck erfüllt).
Stimmt, die Bioverfügbarkeit des Proteins ist immer auch abhängig vom Kontext und der jeweiligen Quelle. Dies kann ich persönlich natürlich nicht vollumfassend bestimmen. Aber mit knapp 1,8-2,2 g Eiweiß/ kg Körpergewicht ist man schon stark im Überschuss und da relativiert sich das recht gut. Sprich: man wird theoretisch immer „genug“ der jeweiligen Aminosäuren abbekommen. Das ist auch einer der Gründe für die erhöhte Zufuhr.
Zum Thema Übertraiuning: solange Du Dich als Freizeitsportler nicht in Sphären von 2x täglich Sport an 7 Tagen die Woche bewegst, wird es nur sehr schwer, da wirklich in ein Übertraining zu kommen. In der Regel sind andere Gründe die Ursache für die beobachteten Einschränkungen, die dann oftmals als Übertraining abgetan werden. Ausnahme ist vielleicht jemand, der von 0 auf 100 plötzlich übermäßig Sport treibt. Aber jemand, der über Jahre hinweg sein Pensum steigert und dann gewohnheitsmäßig 5-7 Workouts die Woche macht, kennt a) seinen Körper schon recht gut und b) hat ihn im Laufe der Zeit an diese Belastungen gewöhnt. Wirkliches Übertraining kennt man daher eigentlich nur aus dem Leistungssport. Grundsätzlich gilt aber immer: auf den eigenen Körper hören und die (Warn)Zeichen erkennen.
Viele liebe Grüße,
Sarah
Liebe Sarah, unabhängig vom Thema Proteinpulver: sollten Süßstoffe an sich denn besser vermieden werden? könnten sie sich zum Beispiel negativ bei Akne auswirken? Liebe Grüße!
Hallo liebe Kathi,
das lässt sich so pauschal nicht sagen und sollte immer individuell bewertet werden. Daher Haut beobachten und die entsprechenden Schlüsse ziehen. Grobe Tendenz aber in Sachen Akne und Proteinpulver: je weniger Zucker und je weniger Milchanteil dest besser, Süßsstoffe sind hierbei eher zweitrangig.
Liebe Grüße,
Sarah
Liebe Sarah,
ich finde die Wheypulver von Sportbionier auch echt klasse. Mein Favorit ist Erdbeer. Allerdings suche ich zur Zeit eine preisgünstige Alternative. Hast Du einen Tip?
LG Tina
Hallo liebe Tina,
tatsächlich nicht wirklich… ich hab paar Sachen ausprobiert, aber das kam weder vom Geschmack noch der Konsistenz an die Sachen von Sportbionier ran. Letztendlich habe ich durch dieses „Testen“ weitaus mehr Geld ausgegeben, als wenn ich einfach bei der bewährten Option geblieben wäre 😀 Daher mache ich da jetzt keine Experimente mehr.
Aber wenn Du Zwischenzeitlich etwas gefunden hast, lass‘ es mich gerne wissen!
Liebe Grüße,
Sarah