Wenn es um Ernährung geht, ist heute alles total #healthy, außerdem #vegan und #clean, sowieso ein absolutes #superfood. Keine Frage alles ist besser, als sich ständig einen Burger oder hochverarbeitete Lebensmittel wie Chips, Softdrinks oder Fertiggerichte reinzuziehen. Eine bewusste Ernährungsweise ist in den letzten Jahren näher in die Mitte der Gesellschaft gerückt. Fleisch wird bewusster konsumiert, Gemüse und Obst werden saisonal gekauft und der Verbraucher von heute schaut immer öfter genau hin, woher seine Lebensmittel stammen. Alles in allem eine tolle Entwicklung, die zu einem nachhaltigen Lebensstil beiträgt. Ich schließe mich aus der Riege auch absolut nicht aus, mein Fleischkonsum des letzten Jahres lässt sich an fünf Fingern abzählen, ich versuche mich clean zu ernähren und achte auf eine ausgewogene Ernährungsweise. Trotzdem, wenn ein Kuchen oder Schnitzel einfach zu gut aussieht, esse ich das ohne Reue.
Was mir im Zusammenhang mit dieser (begrüßenswerten) Entwicklung jedoch immer wieder begegnet sind Leute, die einem unter die Nase reiben: „Ich kaufe ja nur noch im Biomarkt…“ oder „… die vegane Ernährungsweise ist der einzig wahre Weg zu körperlichem Wohlbefinden…“, to be continued. Wo bleibt die Flexibilität und wo bleibt das gewisse Maß an Balance?! Teilweise werden bestimmte Lebensmittel blind konsumiert, weil sie Dank der #healthylifestyle Bewegung einen Wahnsinnshype erfahren. Nur weil healthy, vegan, clean oder superfood draufsteht, sind manche Lebensmittel nicht automatisch besser. Um das etwas zu veranschaulichen habe ich ein paar Lebensmittel bzw. Ernährungskonzepte zusammengetragen, die eigentlich gar nicht so wertvoll sind, wie sie immer angepriesen werden.
Granola
Geht man heute in den Supermarkt, fallen mir regelmäßig fast die Augen aus. Eine wahnsinnig große Auswahl an Müslis und Müslimischungen und seit geraumer Zeit auch vermehrt die „crunchy“ Versionen oder einfach gesagt Granola. Leider sind die meisten Granolas absolut nicht gesund. Unter dem Deckmantel der gesunden Flocken versteckt sich ein Lebensmittel, das vor Zucker und Fett strotzt. Dann doch lieber bei den puren Flocken bleiben oder ein Granola selbst machen, bei dem man den Zucker- und Fettgehalt selbst kontrollieren kann.
Agavensirup
Irgendwann ging diese Empfehlung durch die Riege der Ernährungsberater: tausche Zucker gegen Agavensirup! Der Grund für diese Empfehlung beruht auf der Tatsache, dass Agavensirup einen niedrigeren glycämischen Index hat und folglich nicht zu rapiden Blutzucker-/Glucosespitzen führt, wie es bei reinem Zucker (Saccharose) der Fall ist. Zwar hat Agavensirup keinen hohen Glucoseanteil, aber dafür ist eine Menge Fructose enthalten. Auch wenn es immer wieder propagiert wird, Fruchtzucker sei weniger schädlich als Glucose bzw. normaler Zucker, ist das so nicht richtig. Neue Studien zeigen sogar, dass Ernährungsweisen, die auf einer zu hohen Fructosezufuhr beruhen, zu gesundheitlichen Problemen führen können.
Kokoswasser
Ich trinke Kokoswasser auch unglaublich gerne, denn es ist erfrischend und schmeckt einfach lecker. Aber zu behaupten, dass es ein Superfood wäre, ist schlichtweg übertrieben. Sicher ist Kokosnusswasser eine tolle Quelle für Vitamine, Kalium und andere Mineralien. Aber ein Glas Wasser und ein Stück Obst haben genau den gleichen Effekt.
Detox
Kein Mensch braucht einen Detox oder eine Entgiftung. Außer man hat sich tatsächlich vergiftet oder leidet unter einer bestimmten Erkrankung, besitzt jeder von uns schon ein hervorragendes Entgiftungssystem. Darf ich vorstellen: Leber und Niere. Die Leber verstoffwechselt Medikamente und andere Chemikalien, die wir über Essen oder Getränke zuführen. Die Nieren hingegen filtern das Blut und entfernen „Müll“, den wir über die Ernährung aufnehmen. Saftkuren, Detox-Tees und wie sie alle heißen kann man sich also getrost sparen.
Kokosöl
Ich habe dieses Ding mit Kokos… total in love with the coco!! Aber auch hier gibt es schlechte Nachrichten. Kokosöl hat in etwa denselben Nährwert- und Kaloriengehalt wie Olivenöl. Aber im Gegensatz zu Olivenöl, bei dem ein Teelöffel etwa 1 g gesättigte Fettsäuren und ca. 10 g ungesättigte Fettsäuren enthält, ist es bei Kokosöl genau andersherum. Wo jetzt genau das Problem liegt? Die Antwort verbirgt sich hinter der Verteilung von gesättigten („schlecht“) zu ungesättigten („gut“) Fettsäuren. Ernährungswissenschaftler raten gesättigte Fettsäuren zu vermeiden, denn sie stehen im Zusammenhang mit hohen Cholesterinwerten und begünstigen die Entstehung von Typ 2 Diabetes.
Diese Liste ließe sich jetzt noch ewig weiter führen, von Acai-Beeren über Quinoa etc.. Klar schadet es nicht diese Lebensmittel zu essen und in der Regel schmecken sie auch noch verdammt lecker. Nur sollte man immer auch etwas reflektiert über gewisse Ernährungstrends nachdenken, bevor man blind alles isst, auf dem #healthy oder #superfood steht. Ich esse nach wie vor meinen Chiapudding und backe Pancakes am liebsten in Kokosöl aus, einfach weil es mir schmeckt. Jedoch bin ich mir dessen bewusst, dass ich damit nicht gesünder unterwegs bin, als wenn ich Leinsamen und Sonnenblumenöl verwenden würde.
Welche „Superfoods“ und Ernährungstrends haltet ihr für überbewertet?
eat | alles healthy und so
Liebe Sarah,
du sprichst mir aus der Seele. Ich würde meine Ernährung als ausgewogen und größtenteils gesund bezeichnen, trotzdem halte ich nicht viel von den ganzen Superfoodhypes. Gerade bei Kokosöl und Agavendicksaft geht mir das auch wirklich auf die Nerven, wenn mich Leute missionieren wollen, warum ein Esslöffel davon pro Tag sein muss. Bei vielen Empfehlungen, die man so liest, fehlen mir auch einfach Studien hinsichtlich z.B. Diabetes- oder Adipositasinzidenz. Meine Ernährung basiert auf den „altbewährten“ Empfehlungen mit viel Vollwertkohlenhydraten, weniger als 10% gesättigte Fettsäuren usw. und natürlich viel Gemüse 😀
Liebe Grüße,
Leela
Hallo Leela,
das klingt nach einem vernünftigen Ansatz. So ähnlich handhabe ich es auch und bin bisher nicht schlecht damit gefahren. Eine gewisse Portion gesunder Menschenverstand hat schließlich noch nie geschadet 😉
Liebste Grüße,
Sarah
Hallo Sarah und Leela,
da stimme ich euch beiden absolut zu. Ich habe auch das ein oder andere schon ausprobiert, bin aber zu dem Schluss gekommen, dass ich das mache, was mir gut tut und ich für richtig halte.
Liebe Grüße
Sabrina
Genau richtig so!! Intuitiv Essen ist wohl der einzige „Ernährungstrend“ hinter dem ich zu 100% stehe 😉
Schade, dass es scheinbar so viele Menschen gibt, die verlernt haben, auf ihren Körper und seine Bedürfnisse zu hören.
Liebe Grüße,
Sarah
Hallo Sarah,
ich gebe Dir vollkommen Recht, der Hype um einzelne Lebensmittel ist irgendwie befremdlich und im Endeffekt auch nur eine prima Marketingstrategie, mit der sich Menschen einfangen lassen, die meinen, kritischer, gesünder oder wie auch immer zu leben. Einen kleinen EInwand: inzwischen gehen die Meinungen zu gesättigten Fettsäuren durchaus auseinander. Sie werden nicht mehr als grundsätzlich schlecht eingestugt – vor allem, wenn sie aus pflanzlichen Lebensmitteln stammen. Und nutzt man Kokosöl zum Kochen, verwendet man ja nicht viel davon. Und im Gegensatz zu den meisten Olivenölen ist es viel hitzeressistenter und kann so auch zum Braten verwendet werden. Aber ich finde den Hype darüber hinaus auch übertrieben. Wir werden nicht 20 Jahre länger leben, weil wir nun plötzlich Kokosöl verwenden.
Ausgewogen essen, möglichst viel selbst kochen und wenig Fleisch – ich schließe mich Dir vollkommen an!
Hallo Jette,
lieben Dank für Deinen informativen Kommentar!!
Gebe Dir vollkommen recht, die harte Einstufung von gesättigten vs. ungesättigten Fettsäuren als schlecht und gut ist nicht ganz richtig. Hast Du zu diesem Thema eventuell wissenschaftliche Quellen oder Primärliteratur?
Ich denke auch, dass man vieles nicht so eng sehen muss. Wie Du sagst, verwendet man mal hier und da einen TL Kokosöl, ist das alles andere als „schlimm“. So halte ich es übrigens auch mit dem so gerne verteufelten raffinierten Zucker. Die Mengen, die ich verwende, sind so verschwindend gering (im letzten Jahr habe ich meine 1kg Packung Zucker nicht annähernd aufbrauchen können), dass ich mir keine Gedanke darüber mache, wenn mal etwas im Essen landet.
Liebste Grüße,
Sarah
Chiasamen. Ich habe das Gefühl, 90 Prozent aller Menschen die sich einen Smoothie mit Chiasamen machen, tun das nur, weil sie gelesen haben wie toll Chiasamen sind. Dabei glibbert es nur. Zum Backen – in Brötchen, Brot und Kuchen – kann man sie allerdings gut verwenden. Ob sie wesentlich gesunder sind als andere Samen oder Kerne, weiß ich nicht.
Auch wenn ich selbst Chiasamenganz gerne verwende, gebe ich dir total recht! Wahnsinnige Modeerscheinung 🙂 gesünder sind sie wohl unterm Strich nicht… meine mal gelesen zu haben, dass die Mengen, die man für einen gesundheitsfördernden Effekt konsumierten müßte, wohl bei mehreren 100g liegen 🙂
Liebe Grüße,
Sarah
So ist es wohl mit den meisten Sachen. Im Endeffekt kommt es aber auch darauf an, wie gut ich mich hinterher fühle. Allein der Ansatz, dass ich meinem Körper etwas Gutes tun möchte, ist ja schon super. Seit ich herausgefunden habe, dass Chiasamen sich zum Backen eignen, kriege ich meine auch verbraucht 😉
Ein toller Artikel. Endlich spricht das mal jemand aus 🙂 bzw. schreibt es nieder. Generell kann man mich so einen missionierenden Verhalten jagen :-(. Da entwickle ich fast schon automatisch eine Trotzreaktion. Am schlimmsten finde ich da auch die Chiasamen und die Zuckerersatzprodukte. Mit Chia kann ich irgenwie so gar nichts anfangen :-/ Weder im müsli noch sonst wie. Und süß ist eben süß. Ich glaube nicht, dass die ganzen Sirups und so gesünder sind als normaler Zucker. Ich versuche generell zB beim Müsli auf den Zuckerghalt zu achten egal womit es gesüßt ist.
Guter Punkt! Gerade die Zuckeraustauschstoffe sehe ich auch kritisch… solange man alles in Maßen verwendet, ist das im Grunde unproblematisch. Ich bin nur immer leicht genervt, wenn es heißt, „ich verzichte auf Zucker“ und dann kommt jemand mit apfelsüße oder Agavendicksaft um die Ecke. Kohlenhydrate sind das so oder so, und auch wenn dann gleich wieder auf dem glycämischen Index beharrt wird, denk ich mir nur: am Ende des Tages zählt die Kalorienbilanz.
Liebe Grüße,
Sarah
Danke für diesen wunderbar ehrlichen Beitrag ?
Ich habe täglich mit diesen „Mythen“ zu tun . Am meisten nerven mich die ganzen super gesunden Zuckerarten und eben auch die Behauptung „ich esse keinen Zucker“. Trotzdem versuche ich zum Teil Produkte auszuprobieren und habe das Gefühl, dass Trends die Patienten auch oft motivieren. Sprich sie probieren lieber die orginellen Chiasamen als die langweiligen Leinsamen, wenn sie damit zum Ziel kommen, klar gerne.
Mit den Fettsäuren das ist so eine Sache ( du hast übrigens einen kleinen Tippfehler drin, es wird geraten gesättigte Fetssäuren zu meiden ?). Es gibt wohl neue Studien, die keinen direkten Zusammenhang zwischen gesättigten Fettsäuren und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigen. Das liegt daran, dass es keinen direkten sondern indirekten Zusammenhang gibt. Gesättigte Fettsäuren erhöhen auf jeden Fall das LDL Colesterin und ein erhöhter Cholesterinspiegel erhöht definitiv das Risiko an KHK. Quellen kannich dir dazu auf die Schnelle nicht nennen, aber so war das Ergebniss auf dem VDD Kongress und meiner Ausbildung ☺Studien dazu nehme ich aber auch gerne.
Liebe Grüße
Jenny
Hui, danke Jenny! Da ist mir tatsächlich ein Tippfehler unter gekommen 🙂
Interessant, da ist mein Wissen aus dem Studium wohl auch schon überholt. Werde mich bei Gelegenheit genauer einlesen.
Liebe Grüße, Sarah
Liebe Sarah,
noch eine kleine Ergänzung, warum gelegentlicher Austausch von Olivenöl ernährungstechnisch durchaus sinnvoll ist: Kokosöl enthält deutlich mehr Laurinsäure als Olivenöl und ist so besonders wertvoll für Sportler oder Schwangere. Liebe Grüße, Lena von triathlife
Hallo Lena,
danke für den Einwurf!! Das ist sehr spannend.
Bestimmte Lebensmittel nur des Hype wegens zu essen finde ich irgendwie lahm. Oft habe ich das Gefühl, da wird das nach geplappert, was in der Apothekenumschau/Frau im Bild/… 😉 aufgeschnappt wird. Aber genau solche Einwürfe wie von Dir eben, sind unglaublich wertvoll und zeigen, dass Lebensmittel, die eben zufällig auch gerade gehyped werden tatsächlich auch mehr sind als nur ein Hype.
Liebe Grüße,
Sarah