train | Neujahrsvorsätze revisited

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Das neue Jahr ist jetzt fast sechs Wochen alt und so langsam werden die ersten Bilanzen gezogen. Wer hat seine Neujahrsvorsätze beibehalten, wer hat sie längst vergessen? Hat man Gewicht verloren, seine Ernährung umgestellt oder endlich angefangen wieder regelmäßig Sport zu treiben? Ich würde fast sagen, es gibt da zwei Lager, die man vielleicht selbst auch kennt:

Typ 1: Igel

Der Igel ist immer noch dabei, vielleicht mit kleinen und eher unauffälligen Schritten, ein Außenstehender merkt es vielleicht kaum. Innerhalb der letzten 6 Wochen hat sich der Igel einer Routine angenähert. Die Erfolge messen sich nicht in Kilos auf der Waage, sondern in trivialeren Dingen: Der Kaffee schmeckt auch ohne Zucker, mehr Gemüse zu essen ist gar nicht so schwer und irgendwie fühlt sich das alles gar nicht nach einem Muss an. Der Eindruck, sich nicht einschränken zu müssen, trügt nicht. Wer 6-8 Wochen konsequent geblieben ist, egal ob beim Sport oder der Ernährung, hat seinem Körper langfristig die Gelegenheit gegeben, sich anzupassen. Allerdings geschieht das nicht über Nacht. Geduldig sein und dem Körper etwas Zeit zum Umdenken geben! Wenn das geschafft ist, wird der individuell umgestellte Lebensstil zur Gewohnheit. Die besten Voraussetzungen, es langfristig beizubehalten. Keine Diäten mehr, kein Hungern, kein explizites Verzichten auf “verbotene” Lebensmittel. Sollte man nicht Besseres zu tun haben, als Kalorien zu zählen, täglich auf die Waage zu steigen und schlecht gelaunt zu sein, weil man vielleicht nicht abgenommen hat und weiter hungern muss? Ein bewusster Lebensstil ohne ständig drüber reden zu müssen und der sich auf lange Sicht belohnt macht, kann sehr befriedigend sein.

Typ 2: Hase

Der Hase will schnelle Erfolge und hat nach der anfänglichen Euphorie vielleicht inzwischen wieder alles über den Haufen geworfen. Wie schade. Naja, wir sehen uns höchst motiviert im nächsten Jahr wieder. Da geht das Spiel mit aller Wahrscheinlichkeit wieder von vorne los. Mir bluten jetzt schon wieder die Ohren, wenn ich nur daran denke, mich von selbsternannten Ernährungs- und Sportgurus belehren zu lassen. Dabei fallen auch gern Aussagen, bei denen man innerlich die Augen verdreht bzw. man sich fragt, was da tatsächlich dran ist.

“Ich esse jetzt ganz viel Eiweiß. Kohlenhydrate sind total schlecht!”

Runde 1 im altbekannten Kampf der ausgemachten Nährstoffgegner. Eiweiß gegen Fett, Gut gegen Böse. So banal werden diese beiden Nährstoffe gerne in unterschiedliche Ecken gestellt.

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Oh nein, eine Kombination aus Kohlenhydraten, Eiweiß und Fett. RIP kleines Avoacado-Frischkäse-Vollkornbrot, ich habe dich gerne verspeist.

Ganz ehrlich? Was für ein Schwachsinn. Eiweißreich essen, Kohlenhydrate vermeiden und dabei Fett verbrennen, diese Rechnung geht nur bedingt auf. Das hat folgenden Grund: “Fette verbrennen in der Flamme der Kohlenhydrate”. In der Stoffwechselbiochemie ist mit diesem Spruch der Umstand gemeint, dass zum Abbau von Fett ein Produkt aus dem Kohlenhydratabbau nötig ist. Dieses Produkt heißt Oxalacetat und ist zum Abbau von Fetten unverzichtbar. Man kann es nicht über die Nahrung aufnehmen, sondern muss es immer über den Abbau von Zucker (Glucose) neu herstellen,  Ist es nicht in ausreichendem Maße vorhanden, wird die Fettverbrennung gestoppt. Wer sich aber daraufhin gleich mal ’nen Krapfen zwischen die Kiemen schieben will, den muss ich enttäuschen. Hat man zu viele Kohlenhydrate im Blut, heißt das wiederrum Stopp mit dem Fettabbau und Wasser marsch für den Fettaufbau. Wichtig ist also wie bei so vielen Dingen im Leben die Balance, die simple Einteilung der Energieträger in Gut und Böse funktioniert nicht.

“Ich mach’ jetzt seit zwei Wochen Diät und total viel Sport, habe aber eher zugenommen. Naja, Muskeln sind ja auch viel schwerer als Fett.”

Beginnen wir mal am Ende des Statements. Ein Kilo Muskel wiegt so viel wie ein Kilo Fett. Überraschung, ich weiß. Nein im Ernst, was mit der obigen Aussage gemeint ist, ist die Tatsache, dass Muskeln dichter sind als Fett. Heißt, bei gleichem Volumen, ist der Muskel schwerer als Fett. Aber “viel” schwerer ist relativ, denn genau genommen sind es nur rund 12-15%, die der Muskel schwerer ist. Der Unterschied ist also eher gering. Auch wenn man Muskulatur aufbaut, wird man dadurch nicht wesentlich schwerer. Hinzu kommt, dass man auf gesundem Wege sowieso nur 2-3 kg an reiner Muskelmasse pro Jahr aufbauen kann (wären in 2 Wochen also gerade mal 80-115 g). Ein paar Wochen Krafttraining als Grund für eine Gewichtszunahme zu nennen, reicht also nicht aus. Der Hund liegt wo anders begraben. Denn oft und eher unterbewusst, erlaubt man sich nach dem Training gerne mal etwas mehr. Man hat ja schließlich total viele Kalorien verbraucht. Das typische „overeating“ ist gar nicht mal so selten und wird auch noch dadurch begünstigt, dass Muskelzuwachs (wie groß er auch sein mag), den Appetit anregt.

“Mit gezieltem Training, wandle ich jetzt Fett in Muskeln um.”

Das interessiert mich. Bitte, wie heißt dieses Workout, das ausgereifte (differenzierte) Fettzellen in Muskelzellen umwandelt?! Das ist eine wissenschaftliche Sensation! Ihr ganzen Molekularbiologen, hört mal her, ich hab da eine Lösung für eure Stammzellforschung. Pipette fallen lassen, weg von der Laborbank und mal lieber paar Gewichte heben.

So schön das auch wäre, aber eine Fettzelle bleibt immer eine Fettzelle, genauso wie eine Muskelzelle auch eine Muskelzelle bleibt. Jeder Mensch bekommt die Anzahl an Fett- und Muskelzellen bereits in die Wiege gelegt. Kann man also nicht beeinflussen. Wie diese Zellen aber aussehen, kann jeder durch seinen individuellen Lebensstil selbst bestimmen. Jemand, der Übergewicht hat, hat nicht zwangsläufig mehr Fettzellen wie jemand, der schlank ist. Die Zellen sehen nur anders aus. Denn Fettzellen können eine Menge an Fett speichern und so ihr Volumen vergrößern. Verkleinert wird das Volumen indem man Fett abbaut, z.B. durch eine bewusstere und regelmäßigere Ernährung oder die Erhöhung des Grundumsatzes. Den Grundumsatz kann man auf unterschiedliche Weisen erhöhen. Entweder mehr Bewegung oder Muskulatur aufbauen. Denn wie Fettzellen, haben auch Muskelzellen das Potential zu wachsen, aber dafür ist regelmäßiges Krafttraining nötig.

Das waren nun mal ein paar der gängigsten Fitness- und Ernährungsmythen kurz beleuchtet. Fällt Dir noch ein Statement ein, das wir uns genauer anschauen sollen, dann nutze die Kommentarfunktion.

eat | Hase oder Igel?

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