Natürlicher Sonnenschutz mit Pflanzenölen?

Pflanzenöle wie Himbeersamenöl, Karottenöl oder Kokosöl gelten in der Naturkosmetikszene häufig als Geheimtipp für natürlichen Sonnenschutz. Manche schreiben derartigen Pflanzenölen sogar Lichtschutzfaktoren (SPF) von 30 oder mehr zu – ein Versprechen, das gerade bei empfindlicher Haut oder im Sommerurlaub verlockend klingt. Doch was steckt wirklich dahinter und wie verlässlich ist der Sonnenschutz mit Pflanzenölen?

Pflanzenöle statt Sonnenschutz?

Himbeersamenöl mit SPF 50 – klingt gut, ist aber ein Mythos

SPF-Zahlen wie „SPF 38–40 bei Karottenöl“ oder „SPF 28–50 bei Himbeersamenöl“ geistern seit Jahren durchs Internet und halten sich hartnäckig. Eine der vermeintlichen Quellen dafür? Eine Studie von 2000, die Himbeersamenöl analysierte. Gegenstand der Analyse waren unter anderem die chemische Zusammensetzung, antioxidative Eigenschaften und die UV-Absorption. Dabei zeigte Himbeersamenöl eine Absorption im UV-B- und UV-C-Bereich.

Allerdings wurde in dieser Studie kein Lichtschutzfaktor (SPF) bestimmt, weder durch In-vitro– noch durch In-vivo-Tests. Die Autoren der Analyse stellten lediglich fest, dass die optische Transmission des Öls im UV-Bereich mit der von Titandioxid-Präparaten vergleichbar sei, die SPF-Werte zwischen 28 und 50 aufweisen. Diese Aussage wurde jedoch nicht durch direkte SPF-Messungen gestützt.

Die weit verbreitete Behauptung, dass Himbeersamenöl einen SPF von 28–50 habe, basiert daher auf einer fehlerhaften Interpretation dieser Studie. Es wurden keine standardisierten Methoden zur Bestimmung des SPF angewendet, und die Autoren selbst haben keine solchen Werte angegeben.

Wissenschaftlich geprüft: Pflanzenöle schützen nicht zuverlässig vor UV-Strahlung

Spätere Studien, die den SPF pflanzlicher Öle untersuchten, konnten zeigen: In der Praxis weisen die meisten Pflanzenöle nur einen sehr niedrigen SPF auf, oft unter 2. Eine Studie aus dem Jahr 2021 untersuchte 14 pflanzliche Öle – darunter Himbeersamenöl, Weizenkeimöl, Avocadoöl und Kokosöl – sowohl in vitro als auch in vivo auf ihre UVB-Schutzwirkung. Das ernüchternde Ergebnis:

Keines der getesteten Öle erreichte einen Lichtschutzfaktor von mehr als 2 – und damit keinen ausreichenden Schutz vor UV-Strahlung. Selbst das oft zitierte Himbeersamenöl konnte in der Studie keine signifikante photoprotektive Wirkung entfalten.

Wer sich im Vertrauen auf Pflanzenöle ohne echten UV-Schutz der Sonne aussetzt, riskiert mehr als nur einen schnellen Sonnenbrand. UVB-Strahlen verursachen akute Hautschäden, während UVA-Strahlen tief in die Haut eindringen und dort langfristig die Hautalterung beschleunigen, das Bindegewebe schwächen und die Entstehung von Pigmentflecken und Hautkrebs begünstigen können. Diese Schäden sind tückisch: Man sieht sie oft erst Jahre später – wenn Falten, Elastizitätsverlust oder dauerhafte Verfärbungen sichtbar werden. Sich auf einen „natürlichen Sonnenschutz“ zu verlassen, bedeutet also, der Haut heute zu schaden, auch wenn die Folgen erst morgen sichtbar sind.

Warum dieser Mythos trotzdem so hartnäckig ist

Der Glaube an Pflanzenöle als natürlicher Sonnenschutz hält sich nicht zufällig. In der Naturkosmetik sind viele synthetische UV-Filter schlicht nicht zugelassen – und die Suche nach pflanzlichen Alternativen liegt für viele Anwender:innen nahe. Hinzu kommt die weitverbreitete Annahme, UV-Filter seien „Chemie“, die in die Haut eindringen und dort Schaden anrichten könnten.

Doch diese Vorstellungen halten einer wissenschaftlichen Prüfung nicht stand. Moderne UV-Filter – insbesondere sogenannte Breitbandfilter wie Tinosorb S oder M – sind hochwirksam, sehr gut hautverträglich und verbleiben auf der Hautoberfläche, wo sie ihre Schutzwirkung entfalten. Ihre Sicherheit wurde in zahlreichen dermatologischen Studien nachgewiesen.

Der Wunsch nach einem „natürlichen“ Schutz scheint nachvollziehbar – aber er darf nicht zur Selbsttäuschung führen. Denn wenn Pflanzenöle mit vermeintlich hohem LSF beworben werden, obwohl sie in Wirklichkeit kaum UVB-Schutz bieten, wird ein trügerisches Sicherheitsgefühl vermittelt. Und das kann die Haut langfristig teuer bezahlen.

Pflanzenöle: Pflegend ja, UV-schützend nein

Das heißt nicht, dass Pflanzenöle keinen Platz in der Hautpflege haben. Im Gegenteil: Viele Öle wie Jojobaöl, Avocadoöl oder Sheabutter stärken die Hautbarriere, versorgen die Haut mit Lipiden oder wirken entzündungshemmend. Sie sind eine sinnvolle Ergänzung der Pflegeroutine und finden sich daher zurecht in vielen Hautpflegeprodukten – aber Pflanzenöle sind kein Ersatz für Sonnencreme.

Wenn du Pflanzenöle in deine Hautpflegeroutine integrieren möchtest, beachte Folgendes:

  • Deine Haut benötigt Lipide und Feuchtigkeit gleichermaßen. Daher sollte die Haut niemals ausschließlich mit Ölen gepflegt werden. Kombiniere Öle idealerweise mit einem feuchtigkeitsspendenden Serum oder einer Feuchtigkeitscreme.
  • Trage Öle auf die leicht angefeuchtete Haut auf oder gib ein paar Tropfen des Pflanzenöls in deine Feuchtigkeitscreme.
  • Nutze Pflanzenöle nicht als Sonnenschutz, sondern setze auf Sonnencremes mit effektiven UV-Filtern um deine Haut vor den Folgen von UV-Strahlung zu schützen.

Hey, schön dass du da bist!

Trage dich hier ein und bleib up to date mit neuen Blogartikeln rund um die Themen Skincare, Ernährung und Sport! Ganz ohne Bla – dafür mit Klartext und wissenschaftlichem Know-how ✨

Deine Daten werden vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Mehr dazu liest Du in den Datenschutzangaben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert