train | Zum Thema Halbmarathon nur eine Frage: warum?!

Warum habe ich mich schon wieder in so eine Situation gebracht? Ich weiß doch ganz genau, dass mich Läufe über 15 km schrecklich langweilen. Nicht, dass ich es nicht könnte, vielmehr will ich es eigentlich gar nicht. Irgendwann möchte ich einfach nur noch nach Hause, möchte nicht mehr meinen stumpf vor sich hin trabenden Schritten lauschen und stattdessen zitiere ich mein 5-jähriges Ich „wie lang dauert’s noch?„… mimimi.

Vielleicht wäre es ja besser, wenn ich nicht allein laufen würde… In gewisser Weise richtig, denn habe ich jemanden zum quatschen, vergeht die Zeit gefühlt wie im Flug. Laufe ich aber allein – so wie die meiste Zeit – beschäftige ich mich ca. die ersten 15 min damit, vom Tag abszuschalten (ich trainiere in der Regel nach der Arbeit), die nächsten 15 min gehe ich gedanklich meine To Dos, Ideen oder anstehende Aktivitäten durch. Irgendwann danach befinde ich mich in dieser herrlichen Phase des Nichts-Denkens, die jedoch stest ein jähes Ende findet, sobald sich der erste Gedanke an eine Dusche, warme Socken und Essen einschleicht – laaangweilig!

Und trotzdem laufe ich Halbmarathon, wider besseren Wissens. Vermutlich weil ich mich kenne: ohne Ziel fehlt mir beim Laufen oftmals die Motivation, mich so richtig zu quälen und an meine Grenzen zu gehen. Stattdessen drehe ich die immer gleichen 2, 3 Runden. Also ertappe ich mich regelmäßig dabei, nach Laufveranstaltungen Ausschau zu halten, bei denen ich meiner Hassliebe zur Halbmarathon-Distanz frönen kann. Nur so lässt sich erklären, dass ich am Sonntag den 8. Oktober an der Startlinie des München Marathons stehe und über die 21 km starte.

Aber beginnen wir von vorne – denn nachdem mir so viele die Daumen gedrückt haben und auch im Anschluss viele Fragen kamen, folgen heute alle Antworten, ein Einblick in meine Vorbereitung und natürlich eine Zusammenfassung darüber, wie es mir beim Lauf erging.

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Die Vorbereitung

Vorweg: jeder kann einen Halbmarathon laufen – sofern man gesundheitlich fit ist, zumindest 8-10 Wochen vorher trainiert wird und einem die Zeit (als Anfänger) erstmal egal ist. Es aus dem Stehgreif zu versuchen, ohne vorher wirklich trainiert zu haben, halte ich für unverantwortlich – damit mutet man seinem Körper doch einiges zu.

Wer hingegen regelmäßig läuft und über eine gewisse Grundausdauer verfügt, kann im nächsten Schritt an der Zielzeit arbeiten. Bei mir sollten es 1h 55min werden – ambitioniert ist anders, aber hey – dabei ist alles. In Vorbereitung auf dieses Ziel habe ich 10 Wochen vor dem Termin des Halbmarathons, sowohl die Art meines Lauftrainings, als auch das Laufpensum  angezogen. Pro Woche absolvierte ich dazu vier Laufeinheiten:

  • einen langen Lauf/Longrun, der bis Woche 8 um jeweils einen Kilometer pro Woche gesteigert wurde (ca. 5:30-5:45 min/km)
  • einen Erholungslauf am Folgetag des Longruns (ca. 6:00-6:20 min/km)
  • einen variablen Lauf, bspw. ein Fahrtspiel, Steigerungs-, Pyramiden- oder Intervalllauf – Hauptsache anstrengend und fordernd
  • einen schnellen Lauf (ca. 5:05-5:25 min/km), der nicht länger als 1h in Anspruch nehmen sollte

Mit dieser Art von Training habe ich mich bereits in der Vergangenheit auf Läufe über die Halbmarathondistanz vorbereitet und lief stets gut damit. Das ist kein allgemein gültiger Trainingsplan, der automatisch so für jeden funktioniert – für mich hat es sich aber bewährt.

Alles lief nach Plan, bis die Wiesn kam. Merke: nie wieder eine Laufveranstaltung nach der Wiesn, denn ich fange mir immer – aber auch wirklich immer – eine Erkältung ein. Also hieß es für mich in der Phase der langen Läufe, Training aussetzen und dann langsam wieder ins Aufbautraining. Der Plan war über den Haufen geworfen, auch wenn ich noch knapp 3 Wochen Zeit hatte. Aber man kann nun mal nicht einfach wieder dort anfangen, wo man aufgehört hat und gleich mit Vollgas zurück in die Belastung, ist auch nicht ratsam. Daher habe ich also meine Ambitionen ad acta gelegt und mich auf einen entspannten Lauf bei gemütlichem Tempo eingestellt.

Das klingt jetzt so smooth und selbstzufrieden, war es aber nicht. Im Gegenteil, ich habe mich wahnsinnig geärgert. Nichtsdestotrotz war klar, dass ich laufen werde. Nur jetzt eben ohne wirkliche Vorgabe oder Zielzeit. Funfact an dieser Stelle: in den letzten 3 Jahren war ich auch schon für eben diese Veranstaltung gemeldet, aber jedes Mal musste ich passen, weil ich krank war. Deshalb wollte ich dieses Mal unbedingt laufen, sofern es meine Gesundheit zulässt – und das ließ sie zum Glück auch.

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Der Lauf

Die Strecke des Halbmarathons geht einmal vom Münchner Osten durch Bogenhausen über die Innenstadt, das Uni Viertel und endet schließlich im Olympiastadion. Es ist also wie eine kleine Stadtführung, bei der man an den wichtigsten Sehenswürdigkeiten vorbei kommt und überall dort laufen kann, wo sonst nur Autos fahren.

Ich muss sagen, der Start kam für mich irgendwie überraschend. Ich stand im 2. Startblock, der erste Block war gerade gestartet und wir rückten langsam auf. 13.35h sollte der zweite Startschuss fallen und ich war noch ganz entspannt am rumfummeln an meinem Handy, als sich alles um mich herum schon recht zügig in Bewegung setzte. Dabei waren doch noch 4 Minuten Zeit. Bevor ich mich versah, war ich auch schon über der Startlinie – gut, das ging jetzt irgendwie alles sehr schnell, also Handy verstaut, Uhr gestartet und los ging’s.

Naja mir war es recht, denn der Tag war kalt, es nieselte leicht und meine Füsse habe ich auch schon länger nicht mehr gefühlt. So wird es einem wenigstens schnell warm. Denkste! Tatsächlich hatte ich eine lange Tight, ein Shirt, ein Longsleeve und Handschuhe an und mir war trotzdem während des ganzen Laufs kühl. Meine Füsse sind aber ab km 7 auf Betriebstemperatur gekommen^^.

Die ersten 5 km vergingen wie im Flug, das Tempo war gut und außerdem wartete Ilse bei km 8 auf mich (ist halt einfach die Beste <3). Nach diesem ganz persönlichen Highlight ging es durch die Innenstadt. Die vielen Menschen an der Strecke haben ordentlich Auftrieb gegeben und von Langeweile keine Spur. Auf Höhe der Uni gab es einen Abschnitt, den man einmal auf dem Hinweg und dann wieder auf dem Rückweg ablief. Tiefschlag an dieser Stelle: der Musiker, der den Refrain von Sweet Home Alabama in Dauerschleife extrem schief von sich gab – ich sage nur soviel: ich habe es sowohl auf dem Hin- als auch Rückweg gehört. Ein Traum. Ich gab Schub, um nicht länger in den Genuss zu kommen.

Doch von da an ging es abwärts. Bis km 17 war ich mit zügigem Tempo unterwegs und fühlte mich eigentlich gut, eigentlich spielte ich mit dem Gedanken, die letzten Kilometer mit 5:00 min/km zu laufen. Aber keine Chance, die fehlenden Longruns rächten sich mit voller Wucht. Meine Beine schwer wie Blei, der Rücken tat mit jedem Schritt weh und ich fühlte mich irrsinnig steif. Der Blick auf die Uhr verriet, dass ich mit jeder Minute an Geschwindigkeit verlor, bis ich irgendwann nur noch durch die Gegend schlich. Als endlich das Olympiastadion ins Blickfeld kam, gab es noch ein letztes Aufbäumen, aber die 2h Marke zog astrein an mir vorbei. Mit 2:02:37 bin ich über die Linie und von Freude keine Spur. Das sollte sich anders anfühlen… zumindest hatte ich mir das so erhofft.

Enttäuschung hin oder her, ich hatte endlich meine Herzlmedaille und die Aussicht auf einen Snack im Zielraum machte mir direkt wieder Laune (habe ich erwähnt, dass ich Essen liebe und eigentlich nur deshalb soviel Sport mache?! – ist natürlich gelogen… wer weiß). Aber selbst das blieb mir verwehrt, es gab einfach nichts mehr. Was ist das für 1Versorgung, so vong Planung her? Im Nachhinein habe ich gesehen, dass ich ca. auf Platz 1000 ins Ziel kam. Sprich nach mir kamen noch mindestens 7000 andere Halbmarathonis, von den Nachzüglern des Marathons und der Staffel ganz zu schweigen. Ich hoffe mal die Organisatoren haben da noch etwas Nachschub geliefert.

Lange gefackelt habe ich nicht und bin dann straight nach Hause um mich zum Auftauen in die Wanne zu legen und abends mit den Liebsten essen zu gehen, von denen ein Teil auch im Rahmen des München Marathons auf den verschiedensten Strecken unterwegs war.

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Und wie ging’s weiter?

Gleich nach dem Zieleinlauf ging es los: so einen Mist machst Du nicht mehr mit, das war jetzt aber wirklich das letzte Mal, wofür die ganze Plackerei, ich hab da kein Bock mehr drauf und so weiter und sofort. Auch 2 h später keine Veränderung dieser Geisteshaltung, das gleiche jetzt eine Woche später. Fragt mich mal im Januar wieder^^

Aber hey, Laufen ist toll! Ne, wirklich jetzt, no irony involved here. Nur gewähre ich mir für den Rest des Jahres eine Pause von den langen Läufen und ziehe meine kurzen Runden durch München. Doch um keine Langeweile aufkommen zu lassen, habe ich schon das nächste Laufziel vor Augen und das hat maximal 10 km, ist in unter einer Stunde zu schaffen und ist mindestens so reizvoll wie ein Halbmarathon.

Überhaupt, was soll das alles mit diesen 21km?! Wenn man auf Instagram Lauf-Blogs und Hardcore Runnern folgt, bekommt man oft den Eindruck, wer keinen Halbmarathon läuft meint es ja gar nicht ernst, ist ein Läufer 2. Klasse. So ein nonsense! Ob 2 oder 20 km, was zählt ist dass man es überhaupt macht. Letztendlich sind wir Freizeitsportler und somit ist das Laufen in erster Linie etwas, woran man Spaß haben sollte. Ist das für den einen, jedes Wochenende an der Startlinie einer anderen Laufveranstaltung zu stehen, so kann es für den anderen einfach die kurze Runde durch den nahegelegenen Park sein. So oder so: ich liebe diesen herrlich unkomplizierten Sport und freue mich schon auf die bunten Herbstläufe und die klirrend kalten, blitzsauberen Winterläufe #dontstop #wontstop.

train | love running, though